Nature Writing

Während Literaturwissenschaftler:innen diskutieren, ob Nature Writing ein eigenes Genre ist und worin der Unterschied zwischen Nature Writing und New Nature Writing liegt, interessiert mich eher die praktische Ausrichtung:

Texte, die sich dem Nature Writing zuordnen lassen,

  • sind zumeist aus der Ich-Perspektive geschrieben und enthalten eigene Beobachtungen, Gedanken, Gefühle und auch biografische Elemente
  • haben einen naturwissenschaftlichen Anteil und enthalten von daher auch präzise Benennungen, Zahlen, Fakten und Daten
  • sollten von daher eine gelungene Kombination aus Beschreibungen (tell) und anschaulichen Szenen (show) sein – gerne mit Spannungsbogen
  • haben immer auch eine Einbindung in die große Diskussion von Umwelt-, Klima- und Naturschutzthemen
  • können essayistischen Charakter haben, aber neben Prosa auch als Lyrik geschrieben sein
  • sollten eine ästhetisch gehobene Sprache sprechen
  • und sind – zumindest teilweise – tatsächlich draußen in der Natur geschrieben

In Verbindung mit dem Beginn des Nature Writing werden oft Männer wie Henry David Thoreau oder John Muir genannt. Als das Outside Magazine einen Artikel mit dem Titel „Essential Books for the Well-Read Explorer“ veröffentlichte, stellte Kathryn Aalto – Dozentin, Designerin und New York Times-Bestsellerautorin von kreativen Sachbüchern – fest, dass zweiundzwanzig der fünfundzwanzig Bücher von weißen Männern stammten. Durch ihren Hinweis entstand eine lebhafte Diskussion und der Wunsch vieler Leser:innen, mehr über jene Frauen zu erfahren, die auch über die Welt der Natur geschrieben haben, aber selten Anerkennung erhielten, manchmal anonym schrieben oder gar verleumdet wurden.

Kathryn Aalto nahm dieses Thema auf und schrieb: Writing Wild. Women, Poets, Ramblers and Mavericks Who Shape How We See the Natural World. Es enthält 25 Portraits von Frauen, die sich durchaus dem Nature Writing zuordnen lassen: Darunter Andrea Wulf mit ihrer hervorragenden Biografie über Alexander von Humboldt, Robin Wall Kimmerer mit ihrem Überraschungsbestseller Geflochtenes Süßgras oder Rebecca Solnit mit Wanderlust. Neben älteren Autorinnen, wie etwa Dorothy Wordsworth oder Vita-Sackville-West ist auch Rachel Carson vertreten, die mit ihrem Werk Der stumme Frühling maßgeblich dazu beigetragen hat, dass das hochgiftige Insektizid DDT verboten wurde. Dieses Buch wird als Auslöser für die amerikanische Umweltbewegung angesehen.

Für mich gibt es neben den Werken dieser Frauen, weitere Bücher, die mich in Zusammenhang mit Natur und Nature Writing beeindruckt haben:

Abram, David: Im Bann der Sinnlichen Natur
Weber, Andreas: Alles fühlt. Mensch, Natur und die Revolution der Lebenswissenschaften
Fischer, Ludwig: Natur im Sinn
Goldstein, Jürgen: Naturerscheinungen. Die Sprachlandschaften des Nature Writing
Macfarlane, Robert: Alte Wege

Viel Freude beim Lesen!!!

Ab Winter 2023/24 wird es einen Online-Kurs Einführung ins Nature Writing von Schreibimpuls geben.

Ich am Schreiben
Bergwald
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